Zum Ende des vergangenen Jahrhunderts hatte die IT das primäre Ziel, das Geschäftsmodell eines Unternehmens zu unterstützen und mithilfe von Automatisierung effizienter zu machen. Unter anderem wurden ERP-Systeme aufgebaut, datenbankgestützte Webanwendungen implementiert und Data-Warehouse-Projekte ins Leben gerufen. Genau in dieser Zeit wurde auch das Thema Projektmanagement in der IT immer populärer. Denn schließlich handelte es sich bei diesen Vorhaben nicht selten um Projekte mit einem enormen finanziellen Aufwand und einer Laufzeit von Monaten oder gar Jahren. Und diese Projekte konnte man ja nicht einfach laufen lassen, nein, sie mussten gemanagt werden. Da man zu dieser Zeit davon ausging, dass Anforderungen und Prozesse über Jahre hinweg stabil sein würden, orientierte man sich an den traditionellen Methoden des Projektmanagements. Nach dem Vorbild der großen Verbände, wie PMI, IPMA oder Prince2 wurden Projekte nach dem Muster Initiierung, Planung, Durchführung, Controlling und Abschluss umgesetzt. In den folgenden Jahren kam es zu einer immer stärkeren Professionalisierung im Bereich des IT-Projektmanagements: Ausbildungspfade, Zertifikate, Unternehmensstandards, Reifegradmodelle und immer mächtigere PM-Tools waren die logische Konsequenz.
Doch dann rollte auf einmal die „agile Welle“ auf die IT zu. Nahezu jedes Software-Entwicklungsprojekt, das etwas auf sich hielt, bzw. jede Organisation, die hip sein wollte, musste ab sofort agil und am besten mit der Wunderwaffe Scrum arbeiten. Die Folge hiervon war, dass sich ein Graben auftat und zwar zwischen den Befürwortern des „klassischen Projektmanagement“ und den „Agilisten“. Grauzonen waren verpönt, es gab nur noch schwarz oder weiß. In den letzten Jahren hat sich dieser Graben wieder etwas geschlossen, und hybride Projektmanagementansätze finden immer mehr Einzug.
So viel zur Historie. Aber doch es gibt eine Konstante über die ganzen Jahre, die Sie vielleicht überraschen wird. Nämlich die Erfolgsquote von Projekten. So liegt die Anzahl der erfolgreichen Projekte unverändert zwischen 30 und 40 Prozent, weitgehend unabhängig von der Methodik. Zwar schneiden Projekte mit agilen Vorgehensweisen marginal besser ab, aber dennoch bewegen sie sich in dem zuvor genannten Korridor.
Was also tun? Ich möchte Ihnen nachfolgend ein paar Aspekte und Denkanstöße mitgeben, die ich auch in meinem Kurs „Projektmanagement 2020“ intensiv mit meinen Kursteilnehmern behandle.
Kommunikation ist das A und O
Dass mangelnde Kommunikation der Hauptgrund für das Scheitern von Projekten ist, dürfte Sie nicht überraschen. Denn immer, wenn unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Werten und Erfahrungen aufeinandertreffen, wird es schwierig. Ein Faktor ist beispielsweise das Alter. Während ältere Mitarbeiter vielleicht eine hierarchische Top-Down-Kommunikation jahrelang gewöhnt sind und als normal erachten, strebt die jüngere Generation nach Teilhabe, Entscheidungsbefugnis und einem kollektiven Miteinander. Und genau damit muss ein Projektmanager in der heutigen Zeit umgehen können. Kreativität, kontinuierliches Lernen, Vernetzen und Empathie seien hier nur exemplarisch als Skills genannt. Es geht also in Zukunft weniger darum, den perfekten Plan zu erstellen und diesen zu befolgen, sondern im Team zu kollaborieren und Themen wie Selbstorganisation und Teamwork zu fördern. Mit starren Strukturen und festen Regeln werden die Projektleiter der Zukunft in der VUCA-Welt nur bedingt erfolgreich sein. Sie müssen lernen, ihre Projekte über „softe“ Themen, wie Prinzipien, Vorbildfunktion, Haltung und Empathie zu lenken.
Komplexität verstehen und aushalten
Kennen Sie den Satz: „Wir müssen die Komplexität reduzieren?“ Die schlechte Nachricht lautet: Es wird Ihnen nicht gelingen. Es geht also darum, genau die Komplexität anzunehmen, und zu lernen, mit ihr umzugehen. Und genau das wird nicht funktionieren, wenn Sie ihr Projekt nach einem streng methodischen Prozess durchführen. Nein, Komplexität können Sie nur begegnen, indem Sie regelmäßig reflektieren, ausprobieren, lernen, experimentieren und offen für Veränderungen sind. Glaubt man Hinz und Bartlog in ihrem aktuellen Buch „#PM2025 – Projekte.Gut.Machen.“, so finden Projekte immer auf mehreren Ebenen statt. Den drei inneren Ebenen, also die des Projektleiters selbst, die des Teams und die der umgebenden Organisation, sowie äußere Umweltfaktoren und die gesellschaftliche Ebene. Denken Sie hier nur an Stichworte wie Globalisierung, Digitalisierung oder Internationalisierung. Ich hoffe, Sie haben keine Angst bekommen und denken jetzt: „Wie soll ich das nur alles unter einen Hut bekommen?“ Wichtig ist zunächst einmal, dass Sie diese geänderten Rahmenbedingungen akzeptierten und sich bewusst sind, dass Sie diesen Herausforderungen nicht mit statischen, kausalen Lösungsansätzen begegnen sollten.
Speed – vom Tanker zum Motorboot
Ein weiterer entscheidender Faktor in der heutigen Zeit ist das Thema Geschwindigkeit. Können Sie es sich noch erlauben, ein Projekt im September einzureichen, die Budgetrunden Ende des Jahres abzuwarten und dann im Februar das Go zu bekommen, um ein halbes Jahr später mit Ihrem Projekt zu starten? Ich glaube Sie wissen, wie die Antwort lautet. Wir müssen also flexiblere und schnellere Entscheidungswege im Projektmanagement erarbeiten – weg vom langsamen Tanker, hin zum schnellen und wendigen Motorboot.
Der Druck, schnell neue Ideen und Produkte auf den Markt zu bringen, ist immens. Genau dies ist ein riesiger Vorteil von agilen Methoden gegenüber traditionellen Wasserfall-Ansätzen. Scrum-Teams liefern in der Regel in einem Rhythmus von wenigen Wochen Produktinkremente. Dies hat den großen Vorteil, dass agile Teams schnell Feedback von Ihren Kunden und Stakeholdern erhalten und somit ihre Lieferungen und Vorgehensweisen zeitnah überprüfen können. Ferner fördert dieses empirische Vorgehen das Lernen im Team und erleichtert den Umgang mit Komplexität und Unsicherheit.
Innen agil – außen stabil
Für Umfeld- und Stakeholderanalysen, eine ausführliche Auftragsklärung und eine strukturierte Projektinitiierung bietet das traditionelle Projektmanagement eine Vielzahl an wirksamen Werkzeugen. Nutzen Sie genau diese Tools, um Ihrem Projekt einen stabilen Rahmen zu geben. Agile Vorgehensweisen wie Kanban und Scrum erlauben dann die iterative und reflexive Umsetzung des Projektes. Es geht also beim zeitgemäßen Projektmanagement darum, Methoden und Vorgehensweisen sinnvoll zu kombinieren. Auch eine Veränderung der Methodik während des Projektes kann durchaus zielführend sein. Wichtig ist, dass Sie flexibel bleiben, dass Sie den Kontext des Projektes im Blick haben und die nötige Offenheit mitbringen.
Ich hoffe, ich konnte Sie ein wenig zum Nachdenken inspirieren und würde mich freuen, Sie demnächst in einem meiner Kurse bei Fast Lane begrüßen zu dürfen. https://www.flane.ch/business-skills
Zum Autoren:
Christian Botta war mehr als 15 Jahre als Führungskraft in der IT tätig. Im Jahre 2015 war er einer der beiden Gründer der Firma Visual Braindump, mit dem Ziel, die Themen Visualisierung und Management näher zusammenzubringen. Heute verknüpft er seine Leidenschaften: Visualisierung, kreatives Arbeiten und Managementberatung. Er ist Co-Autor des Buches „Business Visualisierung“ und arbeitet darüber hinaus als Trainer, Speaker und Berater für die Themen Innovation, visuelles Denken, Führung und Projektmanagement. Ferner begleitet er Veranstaltungen visuell in Form von Graphic Recordings. Er schreibt regelmäßig für das Projektmagazin, für Capterra und den Visual Braindump Blog.
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